Ein Protokoll zur Kartierung der dreidimensionalen Genomorganisation mit Nukleosomenauflösung unter Verwendung der genomweiten Chromosomenkonformationserfassungsmethode Micro-C-XL wird hier vorgestellt.
Die dreidimensionale (3D) Chromosomenorganisation ist ein wichtiger Faktor bei der Genomregulation und der Zelltypspezifikation. Zum Beispiel wird angenommen, dass cis-regulatorische Elemente, die als Enhancer bekannt sind, die Aktivität distaler Promotoren durch Interaktion im 3D-Raum regulieren. Genomweite Chromosomenkonformationserfassungstechnologien (3C) wie Hi-C haben unser Verständnis der Organisation von Genomen in Zellen verändert. Das derzeitige Verständnis der 3D-Genomorganisation ist begrenzt durch die Auflösung, mit der die topologische Organisation von Chromosomen im 3D-Raum aufgelöst werden kann. Micro-C-XL misst die Chromosomenfaltung mit Auflösung auf der Ebene des Nukleosoms, der Grundeinheit des Chromatins, indem es die Mikrokokken-Nuklease (MNase) verwendet, um Genome während des Chromosomenkonformationserfassungsprotokolls zu fragmentieren. Dies führt zu einem verbesserten Signal-Rausch-Verhältnis in den Messungen und ermöglicht so eine bessere Detektion von Isolationsstellen und Chromosomenschleifen im Vergleich zu anderen genomweiten 3D-Technologien. In diesem Artikel wird ein visuell unterstütztes, detailliertes Schritt-für-Schritt-Protokoll zur Herstellung hochwertiger Micro-C-XL-Proben aus Säugetierzellen vorgestellt.
Micro-C-XL ist eine genomweite Technik zur Messung der 3D-Genomkonformation mit Nukleosomenauflösung. Micro-C-XL baut auf der weit verbreiteten Proximity-Ligations-basierten Hi-C-Technologie auf, die unser Verständnis der Organisation von 3D-Genomen verändert hat1. Micro-C-XL und seine erste Iteration, Micro-C, wurden ursprünglich in Saccharomyces cerevisiae2,3 entwickelt und später an Säugetierzellsysteme angepasst, für die das Protokoll sein volles Potenzial bei der Erkennung von kurzreichweitigen Merkmalen des 3D-Genoms, wie z. B. Chromosomenschleifen und Isolationsstellen, unter Beweis gestellt hat. Diese Version basiert auf neueren Micro-C-XL-Veröffentlichungen von Säugetieren 4,5. Da Micro-C-XL Micro-C ersetzt, wird Micro-C-XL im Manuskript fortan als Micro-C bezeichnet.
Die Hauptunterschiede zwischen Micro-C und Hi-C6 sind wie folgt: 1) Genomfragmentierung mit Mikrokokken-Nuklease (MNase) im Vergleich zu Restriktionsenzymen und 2) zusätzliche Vernetzer mit größerem Atomabstand zwischen den reaktiven Gruppen im Vergleich zu nur Formaldehyd. Beide Schritte tragen maßgeblich zum verbesserten Signal-Rausch-Verhältnis von Micro-C im Vergleich zu herkömmlichem Hi-C bei. Die Fragmentierungsgröße begrenzt die Auflösung, mit der die 3D-Genomorganisation während des Proximity-Ligationsprotokolls aufgelöst werden kann. MNase ist eine Nuklease, die bevorzugt zugängliche DNA verdaut und nukleosomal-geschützte DNA intakt lässt. Das Nukleosomen-Footprinting mittels MNase-Sequenzierung hat gezeigt, dass Nukleosomen die meisten eukaryotischen Genome vollständig abdecken7. Da Nukleosomen je nach Spezies und Zelltyp mit einem durchschnittlichen Abstand von 160-220 bp über das Genom verteilt sind, ist MNase das ideale Enzym für die hochauflösende Kartierung der Genomarchitektur.
Die Verwendung eines zusätzlichen Vernetzers in Kombination mit Formaldehyd (FA) im Micro-C-Verfahren verbessert zusätzlich das Signal-Rausch-Verhältnis 2,8. Aminspezifische Vernetzer mit längeren atomaren Spacern zwischen den reaktiven Gruppen erleichtern Protein-Protein-Vernetzungen. Dabei handelt es sich typischerweise um Disuccinimidylglutarat (DSG) oder Ethylenglykolbisuccinimidylsuccinat (EGS) mit 7,7 Å bzw. 16,1 Å Abstandshaltern. Die Reduktion des Rauschens durch EGS oder DSG zeigt sich besonders in Experimenten mit hohen Fragmentierungsraten, wie z.B. Micro-C, und tritt vermutlich aufgrund einer Verringerung der Rate zufälliger Ligationsereignisseauf 8.
Ein kürzlich entwickeltes Hi-C 3.0-Protokoll, das ESG/DSG-Vernetzung und mehrere Kombinationen von Restriktionsenzymen verwendet, reduziert das Rauschen in Hi-C-Experimenten und verbessert die Detektion von Chromosomenschleifen und Isolationsstellen erheblich 8,9. Ein Standort-für-Standort-Vergleich verschiedener Interaktionsdatenmerkmale ergab jedoch, dass Micro-C im Vergleich zu Hi-C 3.0 und konventionellem Hi-C8 eine überlegene Erkennung von kurzreichweitigen Merkmalen wie Chromosomenschleifen und Isolationsstellen aufwies. Hi-C 3.0 verbessert jedoch die Detektion von kurzreichweitigen Merkmalen und behält im Vergleich zu herkömmlichem Hi-C eine starke Detektion der Genomkompartimentierung bei. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wahl einer Methode zur Erfassung der Chromosomenkonformation durch die objektive und biologische Fragestellung bestimmt werden sollte.
Hier stellen wir ein Schritt-für-Schritt-Protokoll für erfolgreiche Micro-C-Experimente zur Verfügung, die die Organisation des 3D-Genoms entschlüsseln können.
Der Erfolg eines Micro-C-Experiments hängt von einigen kritischen Schritten im Protokoll ab, die sorgfältig ausgeführt werden müssen. Zum einen kann die Vernetzung mit dem zusätzlichen Vernetzer DSG oder EGS je nach Zelltyp zur Aggregation von Zellen führen. Die Zugabe von 0,1 % bis 0,5 % BSA zur Vernetzungsreaktion reduziert die Aggregation erheblich, ohne die Vernetzungseffizienz zu beeinträchtigen. Ineffiziente Vernetzung kann zu erhöhten Raten von transchromosomalen Interaktionen führen, die auf zufällige Ligaturen hinweisen. Der zweite, aber wichtigste Schritt in diesem Protokoll ist der Verdau von Chromatin mit MNase. Ein suboptimaler Chromatinverdau führt zu einer ineffizienten Proximity-Ligatur (Überverdauung) oder zu erhöhten Raten von nicht-proximity-ligierten Dinukleosomen (Unterverdauung). Die Effizienz der Ligationsreaktion kann durch Agarose-Gelelektrophorese (Abbildung 1B) bewertet werden und lässt sich zusätzlich am besten durch Low-Input-Sequenzierung abschätzen. Wenn die Low-Input-Sequenzierung entweder eine hohe Duplikationsrate (ineffiziente Ligation) oder erhöhte Dinukleosomenraten zeigt, sollte der MNase-Verdausgrad neu bewertet werden. Insbesondere der Verlust von Proben beim Ausführen des Protokolls kann zu einer geringeren Komplexität der Bibliothek führen. Die Konzentration einer Probe wird am besten nach der DNA-Aufreinigung (Schritt 5.3) oder durch minimale PCR (Schritt 8) bestimmt. Die Gesamtausbeute an DNA aus 5 x 106 Säugetierzellen nach DNA-Aufreinigung beträgt typischerweise >2 μg. Die DNA-Konzentration sollte nach dem MNase-Verdau, dem ExoIII-Verdau und der DNA-Reinigung kontrolliert werden. Endogene Nukleasen, deren Häufigkeit zelltypspezifisch und speziesspezifisch ist, können eine Quelle des DNA-Abbaus sein. Darüber hinaus kann die säulenbasierte DNA-Aufreinigung aufgrund von Inkompatibilität mit dem SDS aufgrund von Deproteinierungsreaktionen zu Probenverlusten führen. Eine Ethanolfällung kann in Betracht gezogen werden, wenn die DNA-Konzentration in diesem Schritt niedrig ist.
Da Micro-C eine probenspezifische MNase-Titration erfordert, ist es schwierig, Micro-C auf kleine Zellpopulationen anzuwenden, z. B. mit kleinen Organen aus verschiedenen Modellorganismen, Embryonen und Einzelzellen, Organoiden oder Patientenbiopsien. Hier bietet Hi-C 3.0 eine etablierte Alternative, die eine Endpunktreaktion durch sequenzspezifische Restriktionsendonukleasenverwendet 8,9.
Micro-C ist eine weit verbreitete hochauflösende Chromosomenkonformationstechnologie mit einem hohen Dynamikbereich und einem niedrigen Signal-Rausch-Verhältnis, wodurch sie sich besonders für die Untersuchung von kurzreichweitigen Chromosomenmerkmalen 4,5,8, wie z. B. Chromosomenschleifen, eignet. Die Auflösung von Micro-C ermöglicht die Erfassung von Promotor-Enhancer-Schleifen, die jenseits der Nachweisgrenze von Hi-C liegen, was eine detailliertere Analyse der Beziehung zwischen Genomorganisation und Regulation ermöglicht13,14,15. Darüber hinaus wurden kürzlich DNA-Capture-Strategien mit Micro-C kombiniert, um die locus-spezifische Auflösung der anvisierten genomischen Loci auf ein noch nie dagewesenes Niveau zu erhöhen und neue Einblicke in die Ultrastruktur des 3D-Genoms zu ermöglichen16,17,18. Zusammenfassend stellen wir uns vor, dass Micro-C und seine Derivate eine Schlüsseltechnologie sein werden, um die Rolle des 3D-Genoms bei der Transkriptionsregulation und damit bei der Zelltypdifferenzierung und -erhaltung zu untersuchen.
The authors have nothing to disclose.
Wir danken Christl Gaubitz und Kathleen Stewart-Morgan für die kritische Lektüre des Manuskripts. Wir danken Anja Groth und dem Labor Groth für die Unterstützung beim Aufbau unseres Labors. Wir danken den Mitarbeitern der CPR/reNEW Genomics Plattform für die Unterstützung: H. Wollmann, M. Michaut und A. Kalvisa. Das Novo Nordisk Foundation Center for Stem Cell Medicine (reNEW) wird durch die Novo Nordisk Foundation Fördernummer NNF21CC0073729 unterstützt. Das Novo Nordisk Foundation Center for Protein Research (CPR) wird von der Novo Nordisk Foundation mit der Fördernummer NNF14CC0001 unterstützt. Wir danken dem Brickman-Labor am Novo Nordisk Center for Stem Cell Medicine, reNEW Copenhagen, für die ES-Zellen der Maus.
1 mM Biotin dATP | Jenna Bioscience | NU-835-Bio14-S | |
1 mM Biotin dCTP | Jenna Bioscience | NU-809-BioX-S | |
10 mM dGTP | NEB | N0442S | |
10 mM dTTP | NEB | N0443S | |
10 U/ml T4 PNK | NEB | M0201L | |
100 U/L Exonuclease III | NEB | M0206L | |
10x NEBuffer 1.1 | NEB | B7001S | |
10x NEBuffer 2.1 | NEB | B7202S | |
10x T4 DNA Ligase buffer | NEB | B0202A | |
1x DPBS w/o Mg2+ and Ca2+ | ThermoFisher | 14190144 | |
1x LIF | |||
2_Mercaptoethanol 50 mM | Gibco | 31350010 | 0.1 mM b-mercaptoethanol |
37% Formaldehyde | Sigma Aldrich | 252549-500ML | Caution. See manufactures MSDS |
400 U/ml T4 DNA Ligase | NEB | M0202L | |
5 U/ml Klenow Fragment | NEB | M0210L | |
Agarose | BIO-RAD | 1613102 | Caution. See manufactures MSDS |
BSA 20mg/ml | NEB | B9000S | |
CaCl2 | |||
cell counter | |||
Dimethyl Sulfoxide (DMSO) | Sigma Aldrich | D8418-100ML | Caution. See manufactures MSDS |
Dynabeads MyOne Streptavidin C1 | Invitrogen | 65001 | |
DynaMag-2 Magnet | Invitrogen | 12321D | refered to as: magnet magnet for 1.5 ml tubes |
DynaMag-PCR Magnet | Invitrogen | 492025 | refered to as: magnet magnet for PCR tubes |
EDTA Ultrapure 0.5M pH 8.0 | Invitrogen | 15575-038 | |
EGTA Ultrapure 0.5M pH 8.0 | BioWorld | 40121266-1 | |
Ethanol 96% | VWR Chemicals | 20824365 | quality control system |
Ethidium Bromide | Invitrogen | 15585-011 | |
Ethylene glycol bis(succinimidyl succinate) (EGS) | ThermoFisher | 21565 | |
Fetl Bovin Serum | Sigma Aldrich | F7524 | 15% FBS |
Gel Loading dye purple (6X) | NEB | B7024S | |
Glycine | PanReac AppliChem | A1067.0500 | |
Halt Proteinase inhibitor (100x) | ThermoFisher | 78430 | Caution. See manufactures MSDS |
IGEPAL CA-630 (NP-40) | Sigma Aldrich | 18896-50ML | |
MgCl 1 M | Invitrogen | AM9530G | |
Micrococcal Nuclease (MNase) | Worthington | LS004798 | |
mouse embryonic stem cells | |||
NaCl | Sigma Aldrich | S9888-1KG | |
NEBNext Multiplex Oligos for Illumina (Dual Index primers) | NEB | E7600S | amplification primers for sequencing libraries |
NEBNext Ultra II DNA library prep kit for Illumina | NEB | E7645L | sequencing library preparation kit |
NEBNext Ultra II Q5 Master mix | NEB | M0544S | Caution. See manufactures MSDS |
Non-Essential Amino Acids Solution | Gibco | 11140050 | 1x NEAA |
Penicillin-Streptomycin (10,000 U/mL) | Gibco | 15140148 | 1% Pen-Strep |
Proteinase K (40 mg/ml) | GoldBio | P-480-1 | Caution. See manufactures MSDS |
QIAquick Gel extraction kit | QIAgen | 28706 | refered to as: DNA gel elution kit |
QIAquick PCR purification kit | QIAgen | 28106 | refered to as: commercial DNA purification kit |
Qubit dsDNA HS Assay kit | Invitrogen | Q32854 | high sensitivity DNA quantification instrument |
Quick load purple 1kb plus DNA Ladder | NEB | N0550S | |
SPRIselect size selection beads | Beckman Coulter | B23319 | paramagnetic beads |
ThermoMixer C | Eppendorf | 5382000015 | refered to as: thermomixer |
Tris | Merck | 10708976001 | |
Trypsin | |||
Tween20 | Sigma Aldrich | P7949-100ML | |
Ultrapure 10% SDS | Invitrogen | 15553-035 | |
Ultrapure Phenol Chloroform Isoamyl Alcohol (PCI) | Invitrogen | 15593-031 | |
Fragment Analyzer |