Bei MicroRNA (miRNA) handelt es sich um kurze, regulatorische RNA. Sie wird von Introns, den nicht kodierenden Regionen eines Gens und von den intergenischen Regionen, den DNA-Abschnitten zwischen Genen, transkribiert. Zur Bildung biologisch aktiver, reifer miRNA sind mehrere Prozesse erforderlich. Das Primärtranskript, die sogenannte primäre miRNA (pri-miRNA), bildet durch Basenpaarungen mit seiner eigenen Sequenz eine Stemloop-Struktur. Innerhalb des Zellkerns verkürzt ein Endonukleaseenzym namens RNAse III (Drosha) die Stemloop-Struktur und formt dabei die Haarnadelstruktur der pre-miRNA. Nach der Methylierung der Enden der pre-miRNA zur Verhinderung eines Abbaus, wird die pre-miRNA aus dem Zellkern in das Zytoplasma transportiert.
Im Zytoplasma schneidet ein anderes Endonukleaseenzym namens Dicer die pre-miRNA in einen 21-24 Nukleotide langen miRNA-Duplex. Dann spaltet der Dicer einen Strang des Duplex und setzt einen Einzelstrang reifer miRNA frei. Die reife miRNA wird in einen Proteinkomplex, den sogenannten RNA-induzierten Silencing-Komplex (RISC), eingebaut, welcher dann durch die miRNA in die komplementäre Region seiner Ziel-mRNA geleitet wird.
Das Ausmaß der komplementären Basenpaarung zwischen miRNA und der 3′ untranslatierten Region der Ziel-mRNA bestimmt den sogenannten Gen-Silencing-Mechanismus. Eine umfangreiche oder nahezu perfekte Komplementarität führt zum Abbau der mRNA. Dagegen hemmt eine partielle Basenpaarung die Translation. Während das Silencing durch den mRNA-Abbau irreversibel ist, ist die Translationshemmung reversibel. Die stabile mRNA kann die Translation wieder aufnehmen, nachdem die Repressoren beseitigt wurden.
Eine veränderte miRNA-Expression oder-Funktion wird bei verschiedenen Krebsarten beobachtet. Zum Beispiel wird der Verlust von Let-7 miRNA bei Lungen-, Leber-, Brust-, Prostata-und Eierstockkrebs beobachtet. Let-7 miRNA hemmt die Expression von Onkogenen. Das sind Gene, die das Potenzial haben Krebs zu verursachen. Sie fördern Zellwachstum, Überleben und Proliferation. Der Verlust von Let-7 fördert daher die Tumorbildung.