Die robotische Cochlea-Implantation ist ein Verfahren für den minimalinvasiven Innenohrzugang. Im Vergleich zur konventionellen Operation beinhaltet die robotergestützte Cochlea-Implantation zusätzliche Schritte, die im Operationssaal durchgeführt werden müssen. In diesem Artikel beschreiben wir das Verfahren und heben die wichtigen Aspekte der robotischen Cochlea-Implantation hervor.
Robotergestützte Systeme bieten großes Potenzial für eine schonendere und präzisere Cochlea-Implantation. In diesem Artikel geben wir einen umfassenden Überblick über den klinischen Workflow für die robotische Cochlea-Implantation mit einem Robotersystem, das speziell für einen minimalinvasiven, direkten Cochlea-Zugang entwickelt wurde. Der klinische Workflow umfasst Experten aus verschiedenen Disziplinen und erfordert Schulungen, um einen reibungslosen und sicheren Ablauf zu gewährleisten. Das Protokoll fasst die Geschichte der Roboter-Cochlea-Implantation kurz zusammen. Der klinische Ablauf wird ausführlich erläutert, beginnend mit der Beurteilung der Patienteneignung über die chirurgische Vorbereitung, die präoperative Planung mit der speziellen Planungssoftware, das Bohren des Mittelohrzugangs, die intraoperative Bildgebung zur Bestätigung der Flugbahn, das Fräsen des Innenohrzugangs, das Einsetzen des Elektrodenarrays bis hin zum Implantatmanagement. Die Schritte, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, werden besprochen. Als Beispiel wird das postoperative Ergebnis der robotischen Cochlea-Implantation bei einem Patienten mit fortgeschrittener Otosklerose vorgestellt. Abschließend wird das Vorgehen im Kontext der Erfahrungen der Autoren diskutiert.
Ein Cochlea-Implantat (CI) ist die Standardbehandlung bei schwerem bis hochgradigem sensorineuralem Hörverlust1. Das chirurgische Verfahren zur Cochlea-Implantation zielt darauf ab, das Cochlea-Implantat-Elektrodenarray atraumatisch in die Cochlea einzuführen. Für die Implantation müssen Chirurgen den Zugang von der Oberfläche des Schläfenbeins zur Cochlea ermöglichen. Bei herkömmlichen Verfahren wird dieser Zugang hergestellt, indem Teile des Warzenknochens durch eine Mastoidektomie und eine posteriore Tympanotomie2 entfernt werden.
Die robotergestützte Cochlea-Implantation zielt darauf ab, einen minimalinvasiven Zugang durch einen kleinen Tunnel zum Innenohr für das Einsetzen von Elektrodenarrays durchzuführen. Bisher befinden sich mehrere Systeme zur roboterassistierten Cochlea-Implantation in der Entwicklung oder sind bereits auf dem Markt verfügbar. Ein solches System ermöglicht das robotergesteuerte Bohren des Warzen- und Elektrodeneinsatzes und wurde kürzlich bei Patienten3 evaluiert. Ein weiteres Gerät ist ein patientenspezifisches Führungssystem zum Tunnelbohren und Elektrodeneinsetzen4. Zwei Systeme, die nicht den Innenohrzugangstunnel, sondern die Ausrichtung und das motorisierte Einführen von Elektrodenarrays bereitstellen, haben kürzlich die Zulassung für Medizinprodukte in Europa und den USA erhalten 5,6. Die erste klinische Implementierung eines minimalinvasiven Tunnelverfahrens mit einem stereotaktischen Führungsrahmen wurde von Labadie et al.7 durchgeführt. Das erste Robotersystem und die erste Planungssoftware, die in klinischen Fällen eingesetzt werden, wurde in Zusammenarbeit zwischen dem ARTORG Center for Biomedical Engineering der Universität Bern und der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Universitätsspital Bern in der Schweiz 8,9,10,11 entwickelt. Die Planungssoftware und das System wurden später von einem Spin-off-Unternehmen kommerzialisiert.
Hier stellen die Autoren das Protokoll vor, das bei der Durchführung der Roboter-Cochlea-Implantation mit einem speziellen Roboter-Cochlea-Implantationssystem erforderlich ist. Die Aspekte der Auswahl geeigneter Patienten, der präoperativen Planung des Zugangstunnels und des kompletten chirurgischen Eingriffs werden behandelt und besprochen. Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über das Verfahren zu geben und die Erfahrungen der Autoren mit dem System zu teilen.
Hier wird ein Überblick über die Schritte der robotischen Cochlea-Implantation gegeben. Ein wichtiger Teil ist die Auswahl geeigneter Kandidaten für das Verfahren. Um sicherzustellen, dass die Sicherheitsmargen während der Operation eingehalten werden können, muss ein sorgfältiges Kandidatenscreening durchgeführt werden, um die Eignung für das Verfahren sicherzustellen. Der Abstand zwischen der virtuell geplanten Flugbahn und dem Gesichtsnerv sollte mindestens 0,4 mm betragen. Zusätzlich müssen mindestens 0,3 mm Abstand zur Chorda-Pauke vorhanden sein. Um mehr Flexibilität bei der Trajektorienplanung nach präoperativer Bildgebung am Tag der Operation zu bieten, können noch größere Grenzen für die Patientenauswahl in Betracht gezogen werden.
Da das Robotersystem auf die treuhänderischen Landmarkschrauben angewiesen ist, um den Plan an den Patienten zu übertragen, sind sie von zentraler Bedeutung für ein sicheres Verfahren. Der Chirurg sollte die Positionen der Passerschrauben sorgfältig auswählen, um sicherzustellen, dass genügend Platz für das Bahnbohren zur Verfügung steht. Eine lineare Anordnung von drei Schrauben sollte vermieden werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Schraube für den Patientenmarker so positioniert ist, dass der Marker während des gesamten Eingriffs sichtbar bleibt. Die Gebrauchsanweisung des Robotersystems enthält detaillierte Richtlinien für die Schraubenpositionierung. Beim Platzieren der Schrauben muss darauf geachtet werden, dass die Löcher senkrecht zur Oberfläche des Warzenknochens vorgebohrt sind. Die feste Befestigung der Schrauben stellt sicher, dass während des Eingriffs keine Bewegung auftritt.
Für die präoperative Bildgebung sollten Patienten in Apnoe gescannt werden, da die Atembewegung des Patienten Bewegungsartefakte verursachen kann, die möglicherweise nicht sofort in den Bildern erkennbar sind, aber später während des Registrierungsprozesses Fehler verursachen können, die den Beginn des Verfahrens behindern. Es sollte sichergestellt werden, dass die Person, die die präoperative Planung durchführt, eine umfassende Schulung erhalten hat, um die anatomischen Strukturen sicher zu identifizieren und zu kennzeichnen. Insbesondere der Verlauf des Gesichtsnervs, der Chorda tympani und die Auswahl des Ziels an der Cochlea (meist das Zentrum der runden Fenstermembran) müssen trainiert werden. Bei der Erzeugung von Gesichtsnerven sollte eine zusätzliche Sicherheit durch Übersegmentierung des Nervs in Betracht gezogen werden. Falls keine Bildgebungsmodalität direkt im Operationssaal verfügbar ist oder kein mobiles Bildgebungssystem in den Operationssaal transportiert werden kann, muss der Patient zur Bildgebung in die neuroradiologische Abteilung verlegt werden. Die zusätzliche Patiententransferzeit muss berücksichtigt werden. Die präoperative Planung kann parallel zum Patiententransfer und zur Vorbereitung durchgeführt werden, um Zeit zu sparen.
Das Team sollte die Kopfpositionierung in der Kopfstütze umfassend trainieren, um sicherzustellen, dass der Patientenmarker und die Schrauben in späteren Phasen für das System sichtbar sind. Eine falsche Kopfpositionierung kann zu einer Unsichtbarkeit der Marker oder einer nicht praktikablen Kinematik des Roboterarms führen. In allen Phasen der Roboter-Cochlea-Implantation muss sichergestellt werden, dass alle Schrauben fest fixiert sind, der Patientenmarker fest befestigt ist und das Handstück des Roboters fixiert ist.
Für die intraoperative Bildgebung mit mobilen bildgebenden Geräten (z.B. mobiles Kegelstrahl-CT) muss ein ausreichender Abstand zum Kopf des Patienten und zur Kopfstütze mit der sterilen Drapierung gewährleistet sein. Bewegungsartefakte, die durch das Berühren des sterilen Vorhangs durch den Scanner verursacht werden, können die Bildqualität des intraoperativen Bildes verschlechtern und die Entscheidungsfindung über die Sicherheit der gebohrten Flugbahn behindern, die für den Beginn der Bohrung erforderlich ist.
Im Optimalfall bleibt die runde Fenstermembran nach dem robotischen Innenohrzugang erhalten und versiegelt das Innenohr vor Knochenstaub und Blut, die durch die aufeinanderfolgenden Schritte des Implantatmanagements eingebracht werden können. Da die Passerschrauben und der Patientenreferenzmarker für den Innenohrzugang benötigt werden, wird nicht empfohlen, das Implantatbett vor dem Innenohrzugang vorzubereiten, um ausreichend Platz für die Platzierung der Schrauben zu gewährleisten. Falls die runde Fenstermembran nach dem Zugang zum Innenohr nicht intakt ist, kann das runde Fenster als Schutzmaßnahme vorübergehend abgedeckt werden, bis das Einsetzen des Elektrodenarrays durchgeführt wird.
Nachdem der Zugang zum Innenohr hergestellt wurde, kann der Chirurg verschiedene Techniken verwenden, um den Zugang zu visualisieren. Mikroskopische Inspektionen durch einen Tympanomeatallappen oder direkte endoskopische Inspektionen sind möglich. Für das spätere Einsetzen eines Elektrodenarrays empfehlen wir jedoch, eine Tympanomeatalklappe durchzuführen, um bei Bedarf einen direkten Zugang zum Elektrodenarray zu ermöglichen13. Die Elektrodenarray-Leitung kann vor dem Einführen markiert werden, um vollständige Insertionen an der Oberfläche des Warzenknochens anzuzeigen. Wir empfehlen auch, das Insertionsführungsrohr während des Einführens zu verwenden, um den Kontakt mit Blut und Knochenstaub zu vermeiden und das Elektrodenarray auf die Insertionstrajektorie14 zu beschränken.
Das vorgestellte Verfahren wendet aufgabenautonome Robotik im Bereich der otologischen Mikrochirurgie an. Mögliche Vorteile des Verfahrens sind der reproduzierbare, minimalinvasive Zugang zur Cochlea und letztlich das gezielte und genaue Einsetzen von Elektroden, was den Pool der CI-Patienten in Zukunft erweitern könnte. Die aktuellen Einschränkungen des Systems sind die damit verbundenen Mehrkosten für Material und geschultes Personal, die längere Operationsdauer und das noch manuell durchgeführte Elektrodeninsertion. Derzeit benötigt die robotische Cochlea-Implantation mehr Zeit (ca. 4 h) als die herkömmliche Cochlea-Implantation (ca. 1,5 h). Daher sollte auch der Zustand des Patienten für die Eignung berücksichtigt werden.
The authors have nothing to disclose.
Die Autoren danken Gianni Pauciello, Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Inselspital, Universitätsspital Bern, für die Videoproduktion und Fotografie. Wir danken auch Dr. Stefan Henle und dem Team der Klinik für Anästhesiologie und Schmerzmedizin, Inselspital, Universitätsspital Bern und dem Team der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Bern, Schweiz.
Cochlear implant | MED-EL, Austria | ||
HEARO Consumable Set | CAScination, Switzerland | REF 50176 | CE-labelled |
HEARO Instrument Set | CAScination, Switzerland | REF 30123 | CE-labelled |
HEARO System Components | CAScination, Switzerland | CE-labelled | |
Mobile cone beam CT scanner | XORAN Xcat | if not availalbe, imaging needs to be performed in the neuroradiological department | |
OTOPLAN | CAScination, Switzerland | REF 20125 | CE-labelled |
Planning laptop | Any computer with enough performance is suitable, software OTOPLAN installed | ||
USB Stick | A surgical plan that was created with OTOPLAN is transferred to the HEARO system via a USB flash drive. |