Die vorgestellte Methode bietet eine innovative Möglichkeit, biomimetische Faserstrukturen in dreidimensionalen (3D) Gerüsten (z.B. Herzklappenbeilagen) zu konstruieren. Zur Bestimmung von Form und Abmessungen wurden 3D-gedruckte, leitfähige Geometrien verwendet. Faserausrichtung und -eigenschaften wurden für jede Schicht individuell einstellbar. Mehrere Muster können in einem Setup hergestellt werden.
Das Elektrospinnen ist zu einer weit verbreiteten Technik im kardiovaskulären Tissue Engineering geworden, da es die Möglichkeit bietet, (Mikro-)faserige Gerüste mit einstellbaren Eigenschaften herzustellen. Ziel dieser Studie war es, mehrschichtige Gerüste herzustellen, die die architektonischen Fasereigenschaften menschlicher Herzklappenblätter mit leitfähigen 3D-gedruckten Kollektoren nachahmen.
Modelle von Aortenklappenspitzen wurden mit kommerzieller CAD-Software (Computer-Aided Design) erstellt. Leitfähige Polymilchsäure wurde verwendet, um 3D-gedruckte Beipackzettelschablonen herzustellen. Diese Spitzennegative wurden in einen speziell entwickelten, rotierenden Elektrospinndorn integriert. Drei Schichten Polyurethan wurden auf den Kollektor geschleudert und ahmen die Faserorientierung menschlicher Herzklappen nach. Die Oberflächen- und Faserstruktur wurde mit einem Rasterelektronenmikroskop (REM) beurteilt. Der Einsatz von Fluoreszenzfarbstoff ermöglichte zusätzlich die mikroskopische Visualisierung der mehrschichtigen Faserstruktur. Zugversuche wurden durchgeführt, um die biomechanischen Eigenschaften der Gerüste zu beurteilen.
Der 3D-Druck wesentlicher Teile für das Elektrospinngerät war in kurzer Zeit für ein geringes Budget möglich. Die nach diesem Protokoll entstandenen Aortenklappenhöcker waren dreischichtig mit einem Faserdurchmesser von 4,1 ± 1,6 μm. Die REM-Bildgebung zeigte eine gleichmäßige Verteilung der Fasern. Die Fluoreszenzmikroskopie zeigte einzelne Schichten mit unterschiedlich ausgerichteten Fasern, wobei jede Schicht genau die gewünschte Faserkonfiguration erreichte. Die produzierten Gerüste zeigten eine hohe Zugfestigkeit, insbesondere entlang der Ausrichtung. Die Druckdateien für die verschiedenen Collectors sind als Supplemental File 1, Supplemental File 2, Supplemental File 3, Supplemental File 4 und Supplemental File 5 verfügbar.
Mit einem hochspezialisierten Setup- und Workflow-Protokoll ist es möglich, Gewebe mit komplexen Faserstrukturen über mehrere Schichten nachzuahmen. Das direkte Spinnen auf 3D-gedruckten Kollektoren schafft eine beträchtliche Flexibilität bei der Herstellung von 3D-Formen bei niedrigen Produktionskosten.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in westlichen Ländern 1. Obwohl auf diesem Gebiet umfangreiche Forschungen durchgeführt werden, wird geschätzt, dass die Belastung durch degenerative Herzklappenerkrankungen in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird2. Als therapeutische Option ist ein operativer oder interventioneller Herzklappenersatz möglich. An dieser Stelle stehen mechanische und bioprothetische Herzklappen zur Verfügung, beide mit individuellen Nachteilen. Mechanische Ventile sind thrombogen und erfordern eine lebenslange Antikoagulation. Obwohl biologische Ventile keine Antikoagulation erfordern, zeigen sie einen Mangel an Umbau, eine hohe Verkalkungsrate und einen gleichzeitigen Abbau3.
Tissue-engineered Herzklappen könnten in der Lage sein, diese Nachteile zu beheben, indem sie ein mikrofaseriges Gerüst in den Körper einführen, das einen In-vivo-Umbau ermöglicht. Verschiedene Methoden, z.B. Elektrospinnen (ESP), Dezellularisierung, Micromolding, Spray, Dip-Coat und 3D-Bioprinting, stehen zur Verfügung. Diese Methoden können gewählt werden, um bestimmte Eigenschaften zu erstellen, billiger und schneller zu sein, oder einfach nur aufgrund fehlender Alternativen. Methoden und Materialien können sogar kombiniert werden, um komplexere Strukturenzu schaffen 4. Zum Beispiel war ESP eine Standardtechnik für die Herstellung von Gerüsten im Tissue Engineering, die die Kombination verschiedener Materialien und die Einstellung von Faserdurchmessern, Faserorientierungen und Porositätenermöglicht 4. Darüber hinaus ermöglichen eine Vielzahl von Nachbearbeitungstechniken einen optimierten Gewebeumbau, eine verbesserte Hämokompatibilität und einen einstellbaren biologischen Abbau von elektrogesponnenen Gerüsten 5,6,7.
Basic ESP verwendet entweder statische oder rotierende Kollektoren, die einen direkten Einfluss auf den Grad der Faserausrichtung und die erhaltenen Faserdurchmesser8 haben. Aufgrund von Herstellungsbeschränkungen bestehen klassische ESP-Drehkollektoren aus rotierenden Trommeln, Scheiben, Drähten oder Metallstäben. Die Einführung des 3D-Drucks ermöglicht die Erstellung individuellerer Kollektorgeometrien, die nicht durch traditionelle Fertigungstechniken eingeschränkt sind. Diese Individualisierung ist besonders nützlich für die Erstellung von 3D-Konstrukten wie Herzklappenbroschüren.
Die natürliche dreischichtige (Fibrosa, Spongiosa, Ventricularis) Architektur menschlicher Herzklappenblätter ist die Reaktion des Gewebes auf die mechanischen Kräfte und Schubspannungen, denen es während des Herzzyklus ausgesetzt ist 9,10. Die Fasern der Lamina fibrosa sind umlaufend ausgerichtet, während die Fasern der Lamina spongiosa zufällig und die der Lamina ventricularis radial ausgerichtet sind. Es wird daher eine Dreischicht mit den entsprechenden Faserorientierungen vorgeschlagen, um die Eigenschaften dieser Ventile in einem gewebetechnischen Gerüst nachzuahmen.
Das Workflow-Protokoll beschreibt eine innovative Methode zur Herstellung dreischichtiger 3D-Herzklappenbroschüren mittels 3D-Druck und Elektrospinning. Zusätzlich wird ein Qualitätskontrollschritt vorgestellt, um eine genaue Faserorientierung in jeder Schicht zu gewährleisten.
Das beschriebene Protokoll stellt zwei Innovationen im Bereich des (kardiovaskulären) Tissue Engineering vor: die kostengünstige Herstellung von vollständig 3D-gedruckten Phantomen für das Elektrospinnen und die Verwendung eines vielseitigen Kollektors zur Herstellung anpassungsfähiger, mehrschichtiger Herzklappenblätter.
In jüngster Zeit ist der 3D-Druck zu einem wertvollen Werkzeug für die Herstellung von Laborgeräten geworden, z.B. Bioreaktoren oder Fertigungs- und Testaufbauten11,12. Daher war es möglich, den in dieser Studie vorgestellten Elektrospinnaufbau in kurzer Zeit und zu einem erschwinglichen Budget herzustellen (Tabelle 1). Dies steht im Einklang mit früheren Erkenntnissen für die kostengünstige Herstellung von Elektrospinnaufbauten durch den Einsatz von 3D-Druck13.
Darüber hinaus ist dies nach bestem Wissen der Autoren das erste Mal, dass ein leitfähiges 3D-Druckmaterial verwendet wurde, um einen Elektrospinnsammler für Herzklappenbroschüren herzustellen. Bisher wurden 3D-gedruckte Kollektoren entweder durch Metalllasersintern14 oder mittels nichtleitendem Polymerdruck und anschließender Nachbearbeitung mit einer leitfähigenBeschichtung 15 hergestellt. Im Gegensatz zu diesem neuartigen Ansatz sind diese Verfahren erheblich benachteiligt, da sie teurer sind, viel länger dauern oder mehr Handarbeit erfordern.
Das Elektrospinnen hängt von einer Vielzahl von Variablen ab, die die Morphologie der erzeugten Fasern beeinflussen. Obwohl verschiedene kommerzielle Elektrospinn-Setups auf dem Markt erhältlich sind, verwenden viele Forschungsgruppen hochgradig individualisierte Setups, um ihren spezifischen Anforderungen gerecht zu werden16. Unter Berücksichtigung dessen müssen die in diesem Protokoll beschriebenen Werte (Spannung, Entfernung und Drehzahl) möglicherweise für einzelne Setups angepasst werden und sollten als Ausgangspunkt und nicht als feste Werte betrachtet werden. Weiterhin ist bekannt, dass Umweltparameter einen signifikanten Einfluss auf die Elektrospinnergebnisse haben können17,18. Daher wird dringend empfohlen, zumindest die Temperatur und Luftfeuchtigkeit innerhalb des Elektrospinngeräts zu kontrollieren. Optimale Elektrospinnergebnisse wurden zwischen 15-20% relativer Luftfeuchtigkeit bei einer Temperatur zwischen 21 und 24 °C erzielt. Um diesem Protokoll zu folgen, ist die folgende Ausrüstung unerlässlich: ein Motor, der in der Lage ist, einen Kollektor mit einem Gewicht von ca. 300 g auf eine Drehzahl von 2.000 U / min zu beschleunigen, eine Spritzenpumpe, die für kleine Volumenströme von 1-3 ml / h geeignet ist, und ein zweipoliges Netzteil mit ±20 kV Gleichstrom (DC).
In Übereinstimmung mit früheren Studien war es möglich, die faserige Struktur der elektrogesponnenen Gerüste durch Fluoreszenzmikroskopiesichtbar zu machen 19. Die mehrschichtige Struktur des Gerüsts inklusive der unterschiedlichen Faserorientierungen konnte erfolgreich demonstriert werden. Insbesondere bei der Arbeit mit mehreren Schichten oder mehreren Materialien sollte die Einführung von fluoreszierenden Farbstoffen als Standardverfahren für eine strenge Qualitätskontrolle betrachtet werden. Es könnte die visuelle Bewertung der Ergebnisse nach Änderungen der Parameter oder des Workflow-Protokolls verbessern. Die Anwendung von Farbstoff in Gerüsten, die für die In-vivo- oder In-vitro-Beurteilung verwendet werden, kann nicht empfohlen werden. Dies ist wichtig, um Interferenzen mit etablierten Analysemethoden zu vermeiden.
Die Nachahmung der natürlichen Herzklappenmorphologie ist von großer Bedeutung, um ein gewebetechnisch hergestelltes Replikat herzustellen, das als Herzklappenprothese verwendet werden kann (Abbildung 4B). Es hat sich gezeigt, dass die spezifische Ventilgeometrie einen hohen Einfluss auf den In-vivo-Umbau 20 hat. In diesem Zusammenhang ist der 3D-Druck der Prospektgeometrie für das Elektrospinnen von Vorteil, da Iterationen einfach und schnell zu implementieren sind. Auch die Erstellung personalisierter Klappengeometrien ist denkbar und die anschließende Entwicklung individueller und personalisierter 3D-Modelle von Herzklappenanomalien, beispielsweise für Lehrzwecke, ist möglich.
Die weitere Verbesserung der gewebetechnischen Herzklappeneigenschaften steht im Mittelpunkt der aktuellen Forschungsbemühungen, da mehrere Forschungsgruppen an der Entwicklung mehrschichtiger Gerüste mit definierten Faserorientierungen gearbeitet haben. Masoumi et al. stellten Verbundgerüste aus einer geformten Polyglycerin-Sebacate-Schicht und elektrogesponnenen Polycaprolacton (PCL) -Fasermatten21 her. So könnte eine dreifache Schicht aus zwei orientierten, elektrogesponnenen Schichten erzeugt werden, die durch eine Platte aus mikrofabriziertem Polyglycerin-Sebakat getrennt sind. Im Gegensatz zu den vorhandenen Gerüsten waren sie jedoch weder in einer 3D-Form noch ahmten sie die mittlere Schicht (Spongiosa) adäquat nach. Ein weiterer Ansatz zur Herstellung einer bioinspirierten, gewebetechnisch hergestellten Herzklappe wurde von Jana et al.22,23 verfolgt. Sie produzierten erfolgreich dreischichtige Gerüste mit ausgerichteten Fasern unter Verwendung von Aluminiumkollektoren für die PCL-basierte Elektrospinnung. Auch diese Gerüste wiesen morphologische Unvollkommenheiten auf, da sie nur ein 2D-Aussehen haben und das endgültige Gerüst von Speichen durchzogen ist.
Obwohl das Protokoll detaillierte Informationen darüber enthält, wie dreischichtige 3D-Herzklappenbroschüren hergestellt werden, sind mehrere weitere Schritte erforderlich, um eine tatsächliche Herzklappenprothese zu erstellen. Für die hier beschriebenen Prospekte wird ein Stent von 24 mm Durchmesser empfohlen. Ergänzend zum verwendeten Stent können die Beipackzettel mit zusätzlichen Stützstrukturen zum Nähen versehen werden. Um maximale Flexibilität zu ermöglichen, sind die hier gezeigten Merkblätter nicht auf ein bestimmtes Stent-Design individualisiert. Dies kann durch einfaches Ändern der Vorlage mithilfe von CAD-Software erfolgen.
Obwohl die vorgestellte Methode für das Herzklappen-Tissue-Engineering verwendet wird, wird sie für Elektrospinn-Setups in der Orthopädie24, Urologie25, HNO-Heilkunde26 und anderen leicht anwendbar sein. Die Herstellung anspruchsvoller und/oder individualisierter 3D-Konstrukte ist durch den Einsatz anderer 3D-gedruckter Kollektoren möglich. Obwohl sich das Material des Kollektors verändert hat, bleibt das Prinzip des Elektrospinnensintakt 27. Daher ist die Verwendung verschiedener Polymere theoretisch möglich, obwohl eine Anpassung der Elektrospinnparameter erforderlich sein kann.
Insgesamt beschreibt das vorgestellte Protokoll eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, mehrschichtige Herzklappenbeilagen herzustellen. Die Anwendung des 3D-Drucks ermöglicht eine schnelle Anpassung und Modifikation des Kollektors und der Einsätze. Dies ermöglicht die Herstellung patientenspezifischer Prothesen ohne einen komplizierten Herstellungsprozess von beispielsweise Metallsammlern. Mehrere Samples können in einem Durchlauf unter identischen Bedingungen erstellt werden. Daher können materialzerstörende Tests an den Proben durchgeführt werden, mit dem Vorteil, dass (fast) identische übrig bleiben, um das eigentliche Ventil zu bauen. Die Einbeziehung der Druckdateien als Supplemental Files in diese Studie soll die Weiterentwicklung von mehrschichtigen Herzklappengerüsten unterstützen. Diese neue Elektrospinntechnik hat auch ein hohes Potenzial für andere Bereiche der regenerativen Medizin, da modifizierte Kollektoren und andere 3D-gedruckte, spinnende Vorlagen einfach zu implementieren sind.
The authors have nothing to disclose.
Unterstützt wurde diese Arbeit durch das Clinician Scientist Program In Vascular Medicine (PRIME), gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Projektnummer MA 2186/14-1.
BTC-FR2.5TN.D09 | ZwickRoell GmbH & Co. KG | Traction engine (Tensile tests) | |
C5-E Motor Controller | Nanotec Electronic GmbH & Co. KG | Motor controll unit | |
CH1: CPN 30 kV | 0.3 mA | iseg Spezialelectronik GmbH | Power Supply Unit Anode | |
CH1: CPN 30 kV | 0.3 mA | iseg Spezialelektronik GmbH | Power Supply Unit Kathode | |
Conductive Composite PLA | ProtoPasta | Conductive PLA | |
Cura 4.7.1 | Ultimaker BV | Slicing Software Ultimaker, step 1.1.2 | |
DAPI Stock Solution c = 0.1 mg/mL | Sigma-Aldrich Chemie GmbH | DAPI | |
Disposable Scalpel No. 23 | FEATHER | Scalpel | |
Fluorescein (C.I. 45350) M 376.28 g/mol | Carl Roth GmbH + Co. KG | Fluorescein | |
Fume Hood as per DIN 12924 Class 2 | Köttermann GmbH | Fume Hood | |
Leica Applicatin Suite X 3.5.5.19976 | Leica Microsystems GmbH | Software for Confocal Laser Scanning Microscope | |
Luerlock Syringe 20 mL | BD Plastipak | Luerlock Syringe | |
Metal needle plane 2.50/2.00 x 20 mm | Unimed S.A. | Needle with plane tip | |
Montage-complet-tubes; inner diameter x outer diameter: 1/16" x 1/8", length 1.000 mm | Bohlender GmbH | F740-28 | Solvent resistant tubes |
N,N-Dimethylformamide ≥99.8% | Sigma-Aldrich Chemie GmbH | Dimethylformamide | |
Pellethane 2363 80AE | Velox GmbH Hamburg | Polyurethane | |
PLA | Ultimaker BV | PLA | |
Plug&Drive Studio (1.0.4) | Nanotec Electronic GmbH & Co. KG | Motor operation software | |
SEM Evo LS 10 | Zeiss MicroImaging GmbH | Scanning Electron Microscope | |
SHT 31-D | Adafruit Industries | Temperature and Humidity Sensor | |
SolidWorks 2020 CAD Software | Dassault Systèmes | Commercial CAD Software | |
Sulforhodamine 101 50 mg | Sigma – Aldrich | S 7635 | Texas Red |
Syringe Pump Model: Fusion 100 | Chemyx Inc. | Syringe Pump | |
TCS SP8 inverted CEL BMi8 | Leica Microsystems GmbH | Confocal Laser Scanning Microscope | |
testXpert V11.02 | ZwickRoell GmbH & Co. KG | Software Tensile Test | |
Tetrahydrofuran ≥99.9% | Sigma-Aldrich Chemie GmbH | Tetrahydrofuran | |
Type 1511530000202 #980361 | Binder Labortechnik GmbH | Heating Cabinet | |
Ultimaker 3 Extended | Ultimaker BV | 3D Printer |